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Haiti am Rand des Bürgerkriegs
Die Kreuzfahrtschiffe machen einen großen Bogen um Haiti, seit die einstige Perle der Karibik von der Alptraum-Republik (Graham Greene) zum Shit Hole Country (Donald Trump) degenerierte. Blutiger Karneval ist hierzulande keine gewagte Metapher, sondern Alltagswirklichkeit, weil im Gedränge der Straßenfeste offene Rechnungen beglichen werden – Alkohol, Trommeln und Tanz tragen das Ihrige dazu bei, und ein Messer im Rücken fällt in dem Tohuwabohu nicht auf. Das war immer schon so, aber was derzeit passiert, übertrifft selbst das Jahr 1964, als der Diktator „Papa Doc“ Duvalier eine von der OAS entsandte Menschenrechtsdelegation brüskierte, indem er das Volk auf blutbesudelten Straßen Karneval feiern und sich zum Präsidenten auf Lebenszeit proklamieren ließ.
Schlimmer geht’s nicht – oder doch?
Haiti steht am Rand des Bürgerkrieges. Das Land wird seit Monaten von einer Welle, nein einem Tsunami eskalierender Proteste und Demonstrationen heimgesucht, begleitet von Plünderungen, Morden, Entführungen und Barrikaden aus brennenden Autoreifen, die das Geschäfts- und Kulturleben lahmlegen und Schulen wie Universitäten zur Schließung zwingen. Ein Ende der Ausschreitungen auf der nach oben offenen Richterskala von Terror und Gegenterror ist nicht in Sicht, im Gegenteil, die Gewaltspirale dreht sich immer schneller, und Haiti geht den Bach herunter, buchstäblich, nicht im übertragenen Sinne. Und das in einem Land, das sich bis heute nicht von den Folgen des katastrophalen Erdbebens mit 230.000 Toten im Januar 2010 und der anschließenden Cholera-Epidemie erholt hat. Ein Land, wo Tuberkulose und Aids endemisch sind, die Arbeitslosigkeit so hoch ist wie die Analphabetenrate – geschätzte sechzig Prozent, der Mindestlohn von drei Dollar pro Tag meist unterschritten wird und die Mehrheit der Menschen von einer Mahlzeit am Tag leben muss, weil die abgeholzten Berge und das vermüllte Meer die Bewohner nicht mehr ernähren.
Was ist passiert? Bei seiner Flucht ins vergoldete Exil hinterließ Baby Doc, der Sohn des Despoten, einen zerfallenden Staat, die kritische Aufarbeitung der Diktatur blieb aus, rechte Militärregimes wirtschafteten Haiti noch weiter herunter, der linke Hoffnungsträger Aristide erwies sich als unfähig oder als Scharlatan, und sein Nachfolger Préval tat sich durch Nichtstun hervor. Der Rocksänger Michel Martelly, alias Sweet Mickey, öffnete der Korruption Tür und Tor, und unter dem von der Opposition nicht anerkannten Staatschef Jovenel Moise, genannt nèg banan, weil er Bananenexporteur war, wurde die Kleptomanie zur Kleptokratie.
Seitdem geht die Bevölkerung fast täglich gegen die Regierung auf die Straße, verlangt ultimativ den Rücktritt des Präsidenten und Rechenschaft über den sogenannten Petro-Caribe-Skandal, in dem Millionen von Venezuela gespendeter Petrodollars in dunklen Kanälen versickerten. Dass Milliarden nach dem Erdbeben von Geberländern versprochene Hilfsgelder nicht in den Wiederaufbau flossen und die Bedürftigen nie erreichten, wundert kaum jemanden hier. Die Frage aber, ob das Krebsgeschwür der Korruption durch Neuwahlen zu beseitigen sei, stößt auf Kopfschütteln oder Skepsis: Die amtierende Regierung, meinen viele Haitianer, habe sich die Taschen schon gefüllt, eine neue würde von vorne anfangen!
Doch der Volkszorn kochte über, als die für den Karneval aufgebauten Tribünen, Stände und aufwendig geschmückten Wagen am Vorabend des Festzugs in Flammen aufgingen und so das Volk seines letzten Vergnügens beraubten. Streikende Polizisten und Soldaten, die seit Monaten auf die Auszahlung ihrer Löhne warten, reihten sich in den Protestzug ein und lieferten sich im Zentrum von Port-au-Prince ein stundenlanges Feuergefecht mit Drogengangstern, die, ferngelenkt von Politikern und fest etabliert in den Slums, die Brände gelegt haben und hinter Entführungen wie Morden stecken sollen. Niemand hat die Toten und Verwundeten gezählt, die auf dem Marsfeld zurückblieben vor der Ruine des Präsidentenpalasts – ein Mahnmal für den aus dem Befreiungskampf der Sklaven hervorgegangenen, in Trümmern liegenden Staat.
P.S.: Dieser in der FAZ am 28. Februar 2020 publizierte Text schildert die Lage vor der Corona-Pandemie, die inzwischen auch Haiti erreicht hat, wo sie auf eine wehrlose Bevölkerung trifft, da die medizinische Versorgung nicht bloß unterentwickelt ist, sondern praktisch nicht existiert. Der Text erscheint hier mit freundlicher Genehmigung durch den Autor Hans Christoph Buch.
Hans Christoph Buch, dessen Großvater nach Haiti auswanderte und dessen Großmutter Haitianerin war, lebt in Berlin und hat zahlreiche Bücher zu Haiti publiziert, u. a. den Roman „Die Hochzeit von Port-au-Prince“ (1984), „Haiti Chérie“ (1990), „Tanzende Schatten“ (2004) sowie „Haiti – Nachruf auf einen gescheiterten Staat“ (2010).
Nach dem erfolgreichen Abschluss des Montessori-Lehrer*innen Ausbildungsjahres im Juli 2019 wurde die Sicherheitslage auf den Straßen Haitis immer problematischer. Das relativ abgelegene Montessori Lehrer*innen Ausbildungszentrum in Liancourt konnte dann auch von Carols treuer Montessori-Ausbilderin Heliana Charles nicht mehr erreicht werden. Carol fand jedoch für die Kommunikation mit unseren Partner-Vorschulen eine Problemlösung über „Whatsapp“. Dies bewährte sich in Haiti auch in immer dramatischer werdenden politischen Krisenzeiten. Zu Beginn dieses Jahres 2020 musste Carol das Land nicht nur wegen der wachsenden Unsicherheiten verlassen. Alle Schulen wurden geschlossen und im März kam die weltweite Corona-Kriese hinzu. DENNOCH konnte Carol – neben ihrer kreativen Leistung für die oben beschriebene weitere Verbesserung frühkindlicher Montessori-Grundbildung – auch ihre Whatsapp-Kontakte mit unseren früheren Studentinnen weiter nutzen. Sicher ist auch:
Die langjährige Erfolgsgeschichte der Einführung hochwertiger frühkindlicher Montessori-Grundbildung in einem derart problematischen Land wie Haiti beweist:
Würdevolle, menschliche Entwicklung ist überall in „EINEr Welt in Vielfalt“ DENNOCH möglich.
Peter Hesse – Ende Juli 2020
Visionen wagen
Entwicklung nur von innen und unten
In diesen herausfordernden Corona-Zeiten konzentriert sich die Peter-Hesse- Stiftung auf die Sicherung langfristiger Kapazitäten zur Ausbildung weiterer Montessori Vorschul-Lehrer*innen. Dies anstelle kurzfristiger Reaktionen auf die Krise. Trotz geschlossener Schulen haben wir weiter an der Verbesserung von Kinder-Grundbildung gearbeitet. Wir haben die Zeit genutzt, um zwei Arbeitsbücher für Vorschulen zu verfassen. Diese stützen unsere Montessori Sprach-Materialien. Alle unsere Partner-Vorschulen in Haiti, in der Elfenbeinküste, in Mali und im Senegal brauchen nun Mut und Zuversicht. Die geben wir Ihnen, so gut wir können.
30 Jahre nach Beginn unserer Jahreszyklen (1986) zur Ausbildung von Montessori Lehrern*innen in Haiti – traf Carol im Senegal Stephanie Kane. Sie hat in Dakar eine Schule mit einem Kindergarten und einer Primarschulstufe. Sie hatte von Carols Ausbildung von Montessori Lehrern*innen in Haiti und von unserer dortigen Gründung von Montessori Vorschulen gehört.
Stephanie bat Carol um Hilfe bei der Transformation ihres traditionellen Kindergartens in eine Montessori-Vorschule. Carol erklärte sich zu dieser Hilfe bereit. Als Carol nun erneut Gelegenheit fand, die für fortschrittliche Grundbildung begeisterte Stephanie Kane in Dakar, Senegal, zu besuchen, konnte sie feststellen, dass der dortige Kindergarten mit informeller Hilfe im Geiste Maria Montessoris bereits von 60 Kindern im Jahr 1986 auf nun 200 Kinder angewachsen ist. Auch die angeschlossene Schule war mitgewachsen.
Die Fondation-Peter-Hesse wird Stephanie Kane nun mit technischer Hilfe und mit Montessori-Ausbildung weiter fördern – ein neuer zukünftiger Schwerpunkt im Sinne unseres Stifungszwecks. Es war für Carol ermutigend, erneut in den Senegal zu fahren. Sie freut sich darauf, dort weiter zu beraten und beim Aufbau einer Montessori-Lehrer*innen-Ausbildung zu helfen.
Die aktive Montessori-Vorschul-Initiative in Abengourou in der Elfenbeinküste war 2008 mit Hilfe der Peter-Hesse-Stiftung gegründet worden, um in Kakao-Pflanzungen arbeitenden Kindern eine würdige Entwicklungschance durch Grundbildung zu vermitteln. Es begann damals mit einer Montessori Modell-Vorschule für 20 Kinder und entwickelte sich durch praktische Lehrer*innen-Ausbildung in den folgenden Bildungs-Jahrgängen weiter. Dies ermöglichte drei weitere Montessori-Vorschulen mit Hilfe dort ausgebildeter Lehrkräfte. Inzwischen wuchs die regionale Montessori-Gemeinschaft und erreicht nun über 300 Kinder. Diese Initiative schuf Bildungsmöglichkeiten, die es in dieser Region vorher nicht gab. Unser Ziel ist nicht nur mehr Lehrer*innen auszubilden, sondern auch, deren internationales Qualitätsniveau weiter zu fördern.
Unser Vorschul-Projekt im Senegal entwickelt sich ebenfalls weiter – auf Frieden in Mali hoffen wir, denn dort besteht weiterhin Hoffnung auf Montessori und wir bleiben im Kontakt.
Im Januar 2020 hatten alle unsere Partner-Vorschulen in Haiti geöffnet. Wo nötig, erhielten die Schulen didaktische Montessori-Materialien und -Schriften. Im April mussten alle diese Vorschulen wegen Corona und auch wegen erneuter Unsicherheit wieder schließen. Erst im November konnten Partner-Vorschulen wiedereröffnen, nicht jedoch unser Lehrerinnen Ausbildungszentrum.
Auch die Montessori Partner-Vorschulen in der Elfenbeinküste wie die neuere große Partner-Schule im Senegal hatten im Januar wiedereröffnet. Senegal erhielt im Januar methodische Hilfe und in einem Workshop auch zum Montessori Ausbildungsumfeld und zur Vorbereitung weiterer Lehrerinnen-Ausbildung. Leider verhinderte Corona einen persönlichen Besuch im Senegal, aber über Whatsapp und Facebook sowie mit einem Lehrvideo gelang es DENNOCH, dortige Lehrerinnen-Qualifikation weiter zu verbessern.
In Mali war es wegen Corona und politischer Unsicherheit leider nicht möglich, die dort erste Montessori Vorschule zu eröffnen. Es blieb aber ein lebendiger Kontakt mit der dortigen Lehrerin und unser Lehrbuch „Atelier Montessori“ konnte über Frankreich nach Mali gelangen – zur Vorbereitung einer Montessori-Vorschule.
Mit vielen unserer Partner-Vorschulen konnten wir über Zoom an der Vorsorge und dem Schutz vor der Pandemie in den Schulklassen arbeiten.
Peter-Hesse-Stiftung, Düsseldorf
in Bürogemeinschaft mit
W. P. Schmitz-Stiftungen
Volmerswerther Str. 86
D-40221 Düsseldorf
Tel: +49 (0)211-39-83-770
E-Mail: p.hesse@solidarity.org