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Erstmalig besuchte ich Haiti 1980 in der Absicht, einen karibischen Weihnachtsurlaub mit Sonne, Sand und mit haitianischer „Cadence“-Musik zu erleben. Während meines musikalischen Weihnachtsurlaubs, den ich wegen meiner damaligen Lieblingsmusik in Haiti verbrachte, erhielt ich am 1. Januar 1981 einen ersten Einblick in die erschütternde Armut in Haiti – speziell die der Kinder.
An diesem 1. Januar wurde ich gebeten, ein kleines Waisenhaus zu besuchen. Es wurde ein bleibender Schock: Sichtbar unterernährte Kinder schliefen auf dem Boden. Ich war betroffen von den Lebensumständen der dortigen Menschen und konnte meinen Touristenurlaub nicht mit gutem Gewissen in dieser schrecklichen Armut fortsetzen.
Ich wollte „etwas tun“ – aber was?
Schnell wurde mir bewusst, dass es nicht genügt, ein Land wie Haiti gelegentlich zu besuchen, um kleine Miniaktionen der Hilfe zu versuchen. Was wohl helfen könnte, war die erste Frage. Daran schloss sich aber sogleich die zweite Frage an, wie wäre dies möglicherweise sinnvoll zu organisieren? Wäre ein Verein eine gute Möglichkeit, hilfswillige Freunde für ein Mit-Engagement zu gewinnen? Neun Freunde waren schnell bereit, einmal mit einem spontanen Beitrag zu helfen. Eine längerfristige Bindung konnte ich aber auch von guten Freunden nicht verlangen. So entstand die zunächst schwierig zu realisierende Idee, eine kleine Stiftung zu gründen – aber warum überhaupt eine längerfristige Bindung? – Die Antwort auf diese letzte Frage war rational nicht möglich: Sie ergab sich aber aus den nachfolgenden Haiti-Reisen. In meinem 18 Jahre später erschienen Buch „Von der Vision zur Wirklichkeit” – s. unter der „Veröffentlichungen“ und kurz HIER (Seite 35 und 2/3 Seite 36 aus diesem Buch als PDF) ist dieses spätere Schlüsselerlebnis geschildert.
Nach dem ersten Schock am 1. Januar 1981 waren spätere Fragen noch kein Thema. Ich wollte unmittelbar versuchen zu helfen. Für meinen Weihnachts-Urlaub im Dezember 1980 hatte ich genügend US Dollars mitgebracht, um in dem kleinen Hotel „Le Lambi“ direkt neben dem großen Ballraum über dem Meer meine Kosten zu bezahlen – und ich hatte Reiseschecks dabei. Damit konnte ich einige Matratzen für das besuchte Waisenhaus erwerben, in dem die Kinder auf dem Boden schliefen.
Zurück in Deutschland, frustriert über die traurige Realität, die ich in Haiti erlebt hatte, besuchte ich eine deutsche Entwicklungshilfe-Organisation, die „Deutsche Welthungerhilfe“. Den Leiter dieser Organisation, Bernd Dreesmann, hatte ich kürzlich im politischen Umfeld kennengelernt. Unangemeldet kam ich in sein Büro und konfrontierte ihn mit meiner Frustration. Herr Dreesmann versprach, „irgendwie“ zu helfen und einen Kontakt zu seinem Direktor in Haiti, Miot Jean François zu ermöglichen.
Auf der Basis der alten Idee, lieber eine Angelschnur als einen Fisch zu schenken, überlegte ich, wie ich konkret helfen könnte. Die erste – wie ich glaubte „brillante“ – Idee war, armen Familien je eine manuelle Nähmaschine mit Zubehör und Nähmaterial zu schenken, damit diese Familien sich etwas nähen und das Genähte dann auch verkaufen könnten. Also fuhr ich im nächsten Dezember 1981 erneut nach Haiti – bewaffnet mit 6.800 US$, die ich von den neun Freunden gesammelt und mit eigenem Geld ergänzt hatte.
In Haiti traf ich Miot Jean François, der mir überzeugend erklärte, warum meine „brillante Idee“ nicht brillant war. Miot half mir jedoch, die geplanten 13 manuell, bzw. fußbetriebenen Nähmaschinen mit Zubehör zu kaufen. Zwölf der 13 Maschinen wurden Selbsthilfe-Initiativen übergeben, um damit ein kleines Näh-Gewerbe zu starten. Für die 13. Maschine blieb ich stur bei meiner ursprünglichen Idee, diese einer einzelnen armen Familie zu schenken, die ich in Haiti kennengelernt hatte. Die Selbsthilfegruppen konnten noch viele Jahre mit den gespendeten Maschinen ein kleines Gewerbe betreiben. Die 13. Maschine aber war beim ersten Notfall zum halben Preis verkauft worden, wie ich bei meiner nächsten Haiti-Reise erfuhr. – Auch eine im Prinzip richtige Idee war also nicht in jedem Fall, wie hier zu sehen, eine gute Problemlösung.
Für mich war dies der Beginn einer längeren Lernphase in einer für mich damals noch fremden Kultur. Schnell gelernt hatte ich in den allerersten zwei Jahren, mich vor allem auf den Rat von Miot zu verlassen. Er hatte in der Schweiz Agrarwesen studiert, blieb aber in seiner haitianischen Kultur fest verwurzelt. Dies war für seinen deutschen Arbeitgeber, für die Welthungerhilfe, wertvoll – und für mich äußerst lehrreich. So nahm mich Miot nicht nur zu traditionellen Voodoo-Zeremonien mit, wo ich zumeist der einzige „Weiße“ war, sondern auch in das Dorf seiner Vorfahren, dem Bergdorf Ste. Suzanne im Norden Haitis. Auf dem Weg in den Norden konnten wir noch kleinere angepasste Hilfsmaßnahmen, wie die Finanzierung eines traditionell gemauerten Backofens realisieren – aber in Ste. Suzanne angekommen erlitt ich einen Rückfall in deutsche, bzw. westeuropäische Denkweisen:
Als im deutschen akademischen Bildungssystem in meinem „ersten Leben“ in der Betriebswirtschaftslehre (BWL) ausgebildeter Jung-Unternehmer hatte ich nach erfolgreicher Diplom-Prüfung geglaubt, ich hätte etwas Bedeutendes gelernt (und sei jetzt ganz toll!) – nur um nach einem Jahr im Familien-Unternehmen in lernender Praxis feststellen zu müssen, dass ich – wie auch andere gutgläubige BWL-Absolventen – im Studium weitgehend unsinnige Theorien gelernt hatte, jedoch beinahe nichts über das, was man als Wirtschaftspraktiker brauchte, z.B. anwendbare Management-Fähigkeiten. Also musste ich, wie auch andere, wir nannten uns „BWL-Geschädigte“, weiter lernen – z.B. im Bundesverband Junger Unternehmer (BJU).
Ein Resultat dieser Erkenntnis war die schrittweise Gründung eines „Komitees für Management-Bildung in Europa“ mit rund 160 zumeist „BWL-Geschädigten“.
Das Resultat sechsjähriger Zusammenarbeit war ein MAMAGEMENT-BILDUNGS-KONZEPT. Für mich war dies die Ur-Motivation, Management-Trainer zu werden – mit relevanten Folgen für mein ganzes Leben – s. www.peter-hesse.info
Zurück zu meiner Ankunft im Bergdorf Ste. Suzanne im Jahr 1982, der Heimat der Vorfahren meines Freundes Miot. Ste. Suzanne im Norden Haitis wurde zum zentralen Lernort für weiteres Engagement in der Entwicklungs-Zusammenarbeit. Die Zufahrt dorthin, ein weitgehend unbefestigter Weg, war zumindest nach Regenfällen kaum für Autos zu nutzen. Eine zumindest besser befestigte Straße wäre für das Dorf eine wesentliche Verbesserung ihrer gesamten auch wirtschaftlichen Entwicklung. Professioneller Straßenbau war wegen mangelnder finanzieller Mittel kaum vorstellbar. So blieb als Alternative nur eine Eigeninitiative der Einwohner von Ste. Suzanne.
Mein Freund und Berater Miot informierte mich, dass es in Haiti eine traditionelle Form solidarischer Zusammenarbeit auf lokaler Ebene schon immer gab, die „Cumbite“. In diesem traditionellen System helfen sich Nachbarn gegenseitig bei den Ernten, während deren Frauen für alle Beteiligten ein Essen bereiten und gleichzeitig Musiker des Dorfes mit aufputschender Trommel-Musik die arbeitenden Dorfbewohner begleiten. Miot war einverstanden, dass ich der Dorfgemeinschaft mit meinem von ihm in ihre Sprache „Créole“ übersetzten Französisch die Nutzung des Traditionsverfahrens für den Bau einer eigenen Zufahrtsstraße vorschlug. Eine solche Form von Cumbite, die über reine Feldhilfe hinausging, war traditionell in Haiti anerkannt und wurde immer noch praktiziert. Nur erforderte eine solche traditionelle Zusammenarbeit wie Cumbite wohl doch eine etwas gründlichere Planung, als dies bei einer Zusammenarbeit mit gegenseitiger Hilfe auf dem Felde bedurfte.
In meinem „ersten Leben“ war eine meiner Seminarformen, „Projektmanagement“ in zwei Tagesseminaren, besonders häufig gefragt. Mit diesem Vorschlag der Hilfe für einen Straßenbau mittels eines Projektseminars war ich nun schon ein Wegstück weiter in meinem „zweiten Leben“ angekommen – noch nicht jedoch spirituell und auch nicht mit dem kulturell richtig angepassten Thema.
DENNOCH gab ich nach der Zufahrtstraßen-Verbesserung in St. Suzanne auf mehrfachen Wunsch sieben solcher Zweitages-Seminare für unterschiedliche Teilnehmergruppen in Haiti. Dies war für mich sehr lehrreich. Schon nach den ersten beiden Doppeltagen in Ste. Suzanne wurde mir bewusst, dass meine deutsche Methode in Haiti zwar gerne angenommen wurde, aber weniger bewirkte, als ich erhofft hatte – s. Seiten 62-72 in „Vision works“ (aus meinem Buch in Englisch).
Zwar wurde der Cumbite-Straßenbau ein Erfolg. DENNOCH blieb die Erkenntnis, dass Lernen gelernt werden muss – und kann, wenn man damit im frühen Kindesalter beginnt. Diese Erkenntnis war zunächst der Durchbruch, den in meinen Diskussionen mit den Einwohnern von Ste. Suzanne immer wieder gehörten Wunsch ernst zu nehmen, man möge doch etwas für die Zukunft ihrer Kinder tun.
Ohne Erfahrung in der Betreuung von Kindern schloss ich aus dem Wunsch der Einwohner des Dorfes, dass ein Kindergarten oder eine Vorschule in der in Haiti traditionellen Form ein sinnvoller Fortschritt für die Kinder sein könnte. Zu dieser Zeit war von Unicef in Haiti eine größere Aktion begonnen worden: die Gründung von Vorschulen auf Basis eines sehr traditionellen didaktischen Systems der Universität von Jamaica: Drei Bücher mit jeweils einer Seite pro Arbeitstag für die Schuljahre von 3 bis 5. Ich war (und bleibe noch immer) davon überzeugt, dass Unicef eine für die Kinder der Welt segensreiche Institution ist – wenn auch zumindest damals nicht unbedingt in methodischen Fragen guter Entwicklung von Kindern. Immerhin war Unicef in 1982 in Haiti personell gut vertreten. Darum konnte ich dort darum bitten, mir zu helfen, die schwächsten Kinder von Ste. Suzanne für eine neue dreijährige ländliche Vorschule auszusuchen. Lehrer*innen für das in Haiti neue Unicef-Vorschul-System wurden in jeweils zweimonatigen Schnellkursen zur Verwendung der drei Bücher ausgebildet. Wie ich inzwischen natürlich gelernt habe, ist solch ein didaktisches System vielleicht für Roboter-Kinder geeignet, nicht jedoch für so wunderbar differenziert begabte Kinder in unserer EINEn Welt in Vielfalt.
Im folgenden Jahr 1983 besuchte Carol Guy-James, Montessori-Lehrerin aus Trinidad mit mir Ste. Suzanne. Es war auch der zweite Tag meines Projekt- management-Seminars. Sie wollte sich dort vor allem den Land-Kindergarten ansehen, den ich auf Wunsch der Bevölkerung gegründet hatte. Geschockt von der lehrerzentrierten didaktischen Methode und dem Auswendiglernen der Kinder überzeugte mich Carol, ein Seminar zur Einführung der Montessori Vorschul-Methode mit einer kindzentrierten Ausrichtung zu versuchen.
Diese Empfehlung von Carol war der Beginn der Montessori Entwicklung in Haiti, die nach ersten Versuchen schließlich DENNOCH erfolgreich wurde.
Nach anfänglichem Lernprozess und der Entwicklung von Leitlinien für die Arbeit konzentrierte sich mein Engagement in den allerersten Haiti-Jahren ab 1981/82 auf die Öffnung von finanziellen Engpässen in zumeist ländlichen Selbsthilfe-Initiativen. Erst nach einem vertieften Lernprozess mit meiner im Jahr 1983 hinzugekommenen Montessori Fachpartnerin fanden wir gemeinsam den „Erfolgsschlüssel“ mit dem Beginn von ganzen Jahresausbildungen von Montessori Vorschul-Lehrer*innen ab Oktober 1986 und mit der Eröffnung von zumeist ländlichen Vorschulen für benachteiligte Kinder durch erfolgreiche Absolventinnen unserer den Möglichkeiten angepassten Montessori-Ausbildung. Die fachliche Leitung dieses Montessori-Projekts lag von Anfang an in den Händen der in London ausgebildeten Montessori-Directrice Carol Guy-James aus Trinidad – bis haitianische Lehrerinnen von ihr soweit befähigt worden waren, die Ausbildung in eigener haitianischer Regie weiterzuführen.- s. auch unter „Unsere Montessori-Projekte“
Noch ohne tiefergehende innere Wandlung zum wahren Beginn „meines zweiten Lebens“ im Jahr 1989 fühlte ich damals die Notwendigkeit, die Situation der Kinder so weit wie möglich zu verbessern. Nach zwei weiteren Haiti-Reisen und dem Versuch, konkret zu helfen, musste ich erkennen, dass „Hilfe” zunächst eigenes Lernen erfordert – sowie auch eine dauerhafte Struktur. Für einen Verein fehlten die gleichgesinnten Freunde, denn dies würde ein längerfristig verbindliches Engagement erfordern. Dann aber empfahl mir ein Bekannter die Gründung einer Stiftung. Mit einem Stiftungskapital von 100.000,00 DM sei dies möglich, aber 200.000,00 DM wären besser.
Ich hatte in den Jahren zuvor als Management- und Marketing-Trainer genug verdient, um mir diesen Schritt, der mir emotional wichtig erschien, leisten zu können. Ohne Erfahrung in der Gründung einer solchen Organisation nutzte ich einfach meinen Namen als Stiftungsnamen. Die Gründung erforderte 9 Monate. Am 7. Dezember 1983 wurde die Peter-Hesse-Stiftung schließlich als “Rechtsfähige selbständige Stiftung öffentlichen Rechts” vom Innenminister des Landes NRW genehmigt. Inzwischen (2020) ist sie auf eine Million Euro gewachsen.
Einige Jahre nach Beginn meines dortigen Engagements – kurz zu Haiti:
Haiti ist Teil der zweitgrößten Karibik-Insel. Landfläche etwa so groß wie Belgien. Agrarland mit 7-8 Millionen Einwohnern, davon rund 2 Millionen in der Hauptstadt Port-au-Prince.
Die Menschen sind zumeist afrikanischen Ursprungs. Rund 30% des Landes wird (häufig schlecht) genutzt, weitere 10% wären landwirtschaftlich nutzbar.
Haiti ist eines der ärmsten Länder der Welt (LLDC). Trotz vieler dort tätiger Hilfsorganisationen leben zahllose Menschen unter unwürdigen Bedingungen, die sie ohne Hilfe nicht verbessern können. Es gibt viel (Taschen-)Diebstahl und Bettelei. Konflikte werden zumeist leidenschaftlich und laut verbal ausgetragen, gelegentlich jedoch auch mit ungezügelter Grausamkeit. Der weiße Ausländer gilt als zu melkende Kuh – wird ansonsten jedoch zumeist mit aufrichtiger Herzlichkeit behandelt. Die extremen sozialen Unterschiede manifestieren sich auch in einem mit der Hautfarbe verbundenen krassen Klassensystem. Die Kreolen (Mischlinge) dominieren das Geschäftsleben. Schwarze und kreolische “Eliten” sind Großmeister in der Ausbeutung der überwiegend ländlichen schwarzen Bevölkerung sowie der Entwicklungshilfe-Geber. Soziale Verantwortung für jedwede größere Gemeinschaft ist weitgehend unbekannt. Haitianer sind überwiegend sehr religiös; glauben fast alle an Voudou-Magie, häufig parallel zum Katholizismus. Außerdem sind zahlreiche – insbesondere US-amerikanische – Sekten in Haiti tätig. Haitianer sind vielfach äußerst kreativ (verbal und gestaltend), unsystematisch, aber sehr improvisationsfähig, miserabel vorgebildet, aber besonders lernbereit, stolz, aber herzlich und lebensfroh.
Anmerkung über Probleme und Problemlösungs-Ansätze in Haiti
aus der Sicht der Peter-Hesse-Stiftung – nach den ersten Lehrjahren in Haiti:
Kernproblem: Armut und Ausbeutung.
Übergeordneter Problemlösungs-Ansatz: Koordinierter finanzieller Druck und koordinierte friedliche Einmischung durch die internationale Staatengemeinschaft für mehr Demokratie und soziale Reformen.
Ein Hauptproblem: Miserable Bildungsqualität.
Eher Auswendiglernen, also unkritisch übernommene, traditionelle „Lehrmethode” als Denken, Lesen, Schreiben und Rechnen in der Schule. Problemlösungs-Ansätze: Verbesserung der Didaktik und Lehrerfortbildung.
Problem: Geburtenüberschuss.
7 – 8 Millionen Menschen auf 27.700 km². Über 500 Einwohner auf einem kultivierten km². Problemlösungs-Ansatz: Bildung.
Problem: Ungenügende Trinkwasser-Versorgung und Abwasser-Entsorgung.
Problemlösungs-Ansätze: Beratung (und Finanzhilfe) beim Brunnenbau mit manuellen Einfach-Pumpen. Anregung zu Bau und Organisation der Pflege von Latrinen. Biologische Wasser-Regenerierung.
Problem mit Folgeproblemen: Unklare Bodenbesitzverhältnisse mit der Gefahr von Vertreibungen.
Problemlösungs-Ansätze: Kataster und regionale Klein-Eigentümer-Zusammenarbeit.
Folgeproblem: Erosion durch rücksichtsloses Abholzen insbesondere für die Holzkohlegewinnung.
Problemlösungs-Ansätze: Systematisches Aufforsten unter Beteiligung der Landbevölkerung – nach Klärung der jeweiligen Boden-Besitzansprüche. Kurzfristig Verbesserung der Technik zur Gewinnung besserer Holzkohle durch Beratung und Überzeugung. Folgeproblem: Energie (insbesondere zum Kochen).
Problemlösungs-Ansätze: Briquettierung und sonstige Energieauswertung landwirtschaftlicher Rückstände; Ausnutzung von Sonnen- und Windenergie. Kurzfristig: Spar-Öfen für knappe Holzkohle.
Folgeproblem: Qualitativ und quantitativ ungenügende Ausnutzung des knappen Bodens.
Problemlösungs-Ansätze: Agrar- und Wasserberatung. Know-how-Transfer aus vergleichbaren Zonen.
Problem: Ungenügende Nutzung der landwirtschaftlichen Produkte, z. B. saisonaler Früchte-Überschuss und fehlende Konservierbarkeit von Frischfleisch.
Ein Problemlösungs-Ansatz: Gezielte Förderung einfacher Konservierungsmöglichkeiten für landwirtschaftliche Produkte für den regionalen Bedarf sowie – verbunden mit Vermarktungshilfen – für die Städte.
Problem: Kühlung (ohne Strom bzw. teures Gas).
Problemlösungs-Ansatz: Einsatz einfacher Kühlsysteme auf der Basis der direkten Nutzung von Sonnenenergie.
Problem: Zu wenige praktische, handwerkliche Initiativen.
Problemlösungs-Ansätze: Anwerbung junger, unabhängiger – aber vor allem auch rüstiger älterer Handwerker im Ruhestand, die bereit und fähig sind, in Haiti praktisch zu unterrichten (Problem: Französisch); verbesserte Verfügbarkeit von Rohmaterial und von Einfachst-Technologie.
Problem: Kaum unbürokratische Kleinkreditquellen.
Problemlösungs-Ansatz: Raiffeisenartiges Mini-Kredit-System, sozial gesteuert + Förderung vorhandener micro-credit-Ansätze.
Problem: Ungenügende Management-Fähigkeiten auf allen Ebenen.
Problemlösungs-Ansatz: Einfache Management-Schulung vor Ort.
Problem: Unzureichende Abstimmung zwischen den Trägern der Hilfsprojekte.
Problemlösungs-Ansätze: Gemeinsamer “Druck” durch die Geldgeber und besser organisierte Koordination durch den haitianischen Staat.
Problem: Relativ zuviel Schwerpunkt-Förderung im Bereich der Hauptstadt.
Dadurch weitere Anreize, die weitgehend intakten ländlichen Familienstrukturen zu verlassen und die Slums in Port-au-Prince weiter aufzufüllen.
Problemlösungs-Ansätze: Mehr ländliche Förderung. Notwendige Slumsanierung nicht zu aufwendig, nur unter Beteiligung der Betroffenen und mit gesicherten Bodentiteln.
Problem: Fehlende Solidarität und Kooperationsbereitschaft der Haitianer untereinander (außer in den eigenen Familien und lokal als „Cumbite“).
(Strategische) Problemlösungs-Ansätze: Keine Almosen – außer für die Ärmsten, die sich nicht helfen können. Hilfe nur bei Eigenbeteiligung der Betroffenen. Anknüpfung an ländliche Cumbite-Tradition.
Problem: Korruption und Egoismus auf allen Ebenen.
Problemlösungs-Ansätze: Frühzeitige soziale Erziehung durch Montessori-Vorschulen sowie – zumindest noch mittelfristig – Kontrolle bei und nach allen Geldzahlungen.
Diese „Problemliste” aus den ersten Anfangsjahren des Haiti-Engagements ist leider weitgehend gültig geblieben, durch das Januar Erdbeben in 2010 noch aktueller geworden – und nun zur Zeit der Neugestaltung unserer Stiftungs-Homepage www.solidarity.org im Jahr 2020 durch ungezügelte bewaffnete Gewalt in Haiti noch schrecklicher geworden – siehe hierzu auch den Beitrag von Dr. Hans Christoph Buch BLUTIGER KARNEVAL – „Haiti am Rande des Bürgerkrieges“ – HIER im Original.
Unsere EINE Welt in Vielfalt gerät immer weiter aus der Balance; sozial, ökologisch und wirtschaftlich. Betroffen sind wir als Menschheit. In dieser leiden vor allem die Schwächsten – hier daher auch Kinder. Wir hätten die Wahl, jetzt, wie nach allen Krisen. Darum glaube ich DENNOCH an das Gute, das Schöne und auch an das verborgene Wahre. Darum ist Aufgeben keine Alternative. Wir bemühen uns weiter.
Auch während der politisch schwierigen Perioden der jüngsten Geschichte Haitis wuchs das Montessori-Projekt langsam, aber stetig – trotz einiger Unterbrechungen und Zerstörungen durch politische Unruhen und Tropenstürme und sogar (wenn auch stark verlangsamt) trotz des Erdbebens mit seinen über 230 tausend Toten. Dank der Initiative der gut ausgebildeten Lehrer*innen, der Eltern der Vorschulkinder und der jeweiligen Trägergruppen sowie dank der andauernden Betreuung durch Carol Guy-James Barratt regenerierten sich die schon früher, noch vor dem Erdbeben und insbesondere die durch das Beben zerstörten vier Vorschulen wieder aus weitgehend eigener Kraft.
Das große Erdbeben im Januar 2010 zerstörte auch das Montessori-Lehrer*innen- Ausbildungszentrum in der Hauptstadt Haitis, Port-au-Prince. Die vom Erdbeben betroffenen Projekt-Lehrerinnen erhielten von uns befristete finanzielle Überbrückungshilfe, wünschten aber ausdrücklich selbst, dass der Neubau des Trainingszentrums Priorität erhalten sollte. Diesen Wunsch unserer Partner*innen haben wir befolgt.
Peter Hesse – Mai 2020
Peter-Hesse-Stiftung, Düsseldorf
in Bürogemeinschaft mit
W. P. Schmitz-Stiftungen
Volmerswerther Str. 86
D-40221 Düsseldorf
Tel: +49 (0)211-39-83-770
E-Mail: p.hesse@solidarity.org